Lesung und Gespräch: Ann Cotten
Gespräch: Laura Tezarek und Thomas Eder
Ann Cottens Texte bewegen sich zwischen Genres, womit nicht nur Lyrik und Prosa gemeint sind: ihr Werk spielt u.a. mit Science Fiction, Theorie, Essay oder Reisebericht. Zu ihren Publikationen gehört auch ein Versepos, häufiger werden Lyrik und Fließtext kombiniert, und in letzter Zeit häufen sich wieder die literaturwissenschaftlichen Fachbeiträge. Die Verwendung verschiedener Sprachen ist Thema und Mittel, was Texte global verortet. Zu den Lokalisierungen gehören so verstreute Orte wie Nagoya und Berlin-Schöneberg, Kansas, Hegelland, Honolulu und der Kahlenberg. Ähnlich überraschend sind nicht selten die Metaphern und Wortspiele, die bei Gleichsetzung von Homophonien mit Wurmlöchern die Wirklichkeit durchlässiger, sozusagen poröser oder schwammartiger machen sollen (was auch fragile Kuppelkonstruktionen ermöglicht). Cottens Texte können in ihrem Zitat- und Anspielungsreichtum herausfordernd wirken, doch in ihrer Seltsamkeit und Originalität bleiben sie untauglich für die Verwendung als Statussymbole. Bei aller Formbezogenheit suchen die Texte immer auch eine Anbindung an die Welt und ihre Verfasstheit – in diesem Punkt sind sie oft wiederum zu wenig ideal für die Avantgarde im strengeren Sinn. Die Autorin entgeht trotz solcher absichtsvollen Unterbietung nicht der interdisziplinären Zusammenarbeit mit Musik, Philosophie und bildender Kunst, in kollaborativen und mimetischen Arbeiten wie zuletzt der Schiene „Fake-Kunst“. Der Kultur des geschmeidigen Sachtexts widmet sie sich als Mitherausgeberin von Triedere. Zeitschrift für Theorie und Literatur, übersetzt gar nicht wenig und nimmt u.a. in Poetikvorlesungen auffallend häufig eine Metaebene ein. Durch diese Überproduktion, die Gelungenes ebenso wie Halbgares einschließt, ist es gar nicht einfach, zu einer definitiven Lektüre zu kommen, zumal Cotten selbst jede Reflexionsgelegenheit benutzt, um neue Gedanken zu entwickeln, statt die begonnenen zu vollenden.
Mit Ann Cotten diskutieren der Literaturwissenschaftler Thomas Eder und die Literaturwissenschaftlerin Laura Tezarek. Ann Cotten liest aus dem für die Ausstellung つる、つる、つる (Tsuru, Tsuru, Tsuru) im Literaturhaus Wien produzierten Folder Fake Kunst und zwei an der Universität Innsbruck 2024 entstandenen poetologischen Texten.
In Kooperation mit dem Verein Neugermanistik Wien, unterstützt von der Kulturabteilung der Stadt Wien MA7/Wissenschaft.
