Script: Anna Gmeyner. Eine Wiener Drehbuchatorin im Exil


DIAGONALE SPECIAL

SYNEMA präsentiert
in Kooperation mit dem Österreichischen Filmmuseum

Script: Anna Gmeyner
Eine Wiener Drehbuchautorin im Exil

In das Leben dieser Frau, in ihre Begabungen, Biografie und Arbeit schrieb sich stets eines ungewollt und nachhaltig ein: das Exil. Die Emigration, zu der Anna Gmeyner mehrmals gezwungen war, hat ihr viele Chancen vertan, ihr Schicksal geprägt, die Sprache geraubt, ihr das Zuhause in verschiedenen Ländern genommen.
Anna Wilhelmine Gmeyner, geboren 1902 in Wien, gestorben 1991 im englischen York, schrieb Gedichte, Lieder, Theaterstücke, Romane und für den Film. So häufig sie zwischen den Genres wechselte, so oft änderte sie dabei den Namen. Ihre frühen Texte zeichnete sie als Wiesner, ihre späten als Morduch, die im Exil entstandenen Bücher unter dem Pseudonym Anna Reiner – selbst ihr berühmtestes Werk, den Deutschlandroman „Manja“, der 1938 erscheint.
Bergarbeiter, Fließbandarbeiter, Arbeitslose sind die Protagonisten von Gmeyners Bühnenstücken, in denen sich politisches Engagement und metaphysische Überhöhung die Waage halten. Gmeyners Werk ist thematisch fest im fortschrittlichen Diskurs der Weimarer Republik verwurzelt, Titel wie „Heer ohne Helden“ oder „Zehn am Fließband“ sprechen für sich.
Mit Beginn des Exils in den 30er Jahren wird das Kino für kurze Zeit zu ihrem eigentlichen Metier. Sie arbeitet in der Sowjetunion, in Berlin, Paris und London für weltweit angesehene Regisseure wie Erwin Piscator, G. W. Pabst, Berthold Viertel, John und Roy Boulting. Dennoch sollte ihr Oeuvre für den Film schmal bleiben; ihre Karriere als Drehbuchautorin endet 1942 abrupt mit dem Meisterwerk „Thunder Rock“.
„Script: Anna Gmeyner“, eine Würdigung ihrer Arbeiten für den Film, soll an diese außergewöhnliche Autorin und einen bisher kaum beachteten Teil ihres Schaffens erinnern. (Brigitte Mayr, Michael Omasta)

Programm 1, 18.3.2009, 11 Uhr
Du haut en bas (G. W. Pabst, F 1933)
Die muntere Hinterhofwelt dieser „Wiener Komödie“ rund um einen feschen Fußballer und ein falsches Stubenmädel entstand mitten in Paris im Studio, das eine Equipe exterritorialer Filmleute bevölkerte: Peter Lorre, Margo Lion, Wladimir Sokoloff, Kameramann Schüfftan, Ausstatter Metzner, Autorin Gmeyner. Pabsts erster Exilfilm zeigt ein Mietshaus als Mikrokosmos, in dem statt Lokalkolorit das Chaos des Emigrantenlebens herrscht. – Einführung: Heike Klapdor

Programm 2, 19.3.2009, 11 Uhr
The Passing of the Third Floor Back (Berthold Viertel, GB 1935)
Eine abgewohnte Pension in Bloomsbury wird von einem namenlosen Fremden heimgesucht: Conrad Veidt, Untermieter auf Zeit, bringt neue Zuversicht ins Leben seiner Mitbewohner – als Erlöser im Gewand eines Geschäftsreisenden, dessen Antlitz zur Projektionsfläche für die Sehnsüchte und Hoffnungen der enttäuschten Menschen wird. Fürs Drehbuch zeichnete Alma Reville (Hitchcock), Koautorin Anna Gmeyner blieb ungenannt. – Einführung: Brigitte Mayr

Programm 3, 20.3.2009, 11 Uhr
Pastor Hall (Roy Boulting, GB 1940)
Pastor Hall, der erste britische Anti-Nazifilm, basiert auf Ernst Tollers Drama über den Theologen Martin Niemöller, der als „persönlicher Gefangener Hitlers“ in Dachau interniert war. Anna Gmeyner, die Bestsellerautorin und Kosmopolitin aus Erfahrung, adaptierte den Stoff für die Leinwand. Die „little bits“, die sie dem Theaterstück hinzufügte, machen letztendlich die „big hits“ des Films aus. – Einführung: Michael Omasta

Programm 4, 21.3.2009, 11 Uhr
Thunder Rock (Roy Boulting, GB 1942)
Ein linker Journalist zieht sich zu Kriegsbeginn verbittert als Wärter in einen Leuchtturm zurück. Das alte Logbuch eines gesunkenen Schiffs und das Schicksal der Passagiere werden ihm zum Kompass im Kampf gegen den Faschismus. Ein Meisterwerk des britischen Kinos, an dem Emigranten maßgeblich beteiligt waren: Lilli Palmer, Sybille Binder, Friedrich Valk, Mutz Greenbaum (Kamera), Hans May (Musik), Anna Gmeyner und Wolfgang Wilhelm (Drehbuch). – Einführung: Christian Cargnelli