Ausstellung
25.03.-27.06.2025.
Öffnungszeiten: Di/Mi 9-17 Uhr I Do 9-19 Uhr I Fr 11-14 Uhr.
Österreichisches Volksliedwerk, Operngasse 6, 1010 Wien.
Das Österreichische Volksliedwerk und das Grazer Volkskundemuseum am Paulustor widmen Konrad Mautner, dem Volkskundler und Wiener Großindustriellen eine Ausstellung mit Repro-Fotografien aus den privaten Alben der Familie Mautner sowie mit Aufzeichnungen Konrad Mautners aus dem Archiv des Österreichischen Volksliedwerkes. Sie befasst sich einerseits mit seinem Privatleben zwischen Wien und Gößl, andererseits zeigt sie seine Sammelleistungen von Volksliedern, -tänzen, Trachten und Bräuchen aus dem Steirischen Salzkammergut.
Konrad Mautner (* 23. Februar 1880 in Wien; † 15. Mai 1924 ebenda) entstammte einer großbürgerlichen, jüdischen Familie, die eines der größten Textilunternehmen der österreichisch-ungarischen Monarchie betrieb. Geboren und aufgewachsen ist Konrad Mautner in Wien, doch er verbrachte viele Sommer mit seiner Familie in Gößl am Grundlsee und pflegte einen regen Austausch sowohl mit der Bevölkerung als auch mit anderen Forscherpersönlichkeiten. Später verlegte er seinen Lebensmittelpunkt ganz ins steirische Salzkammergut. Seine Faszination für das ländliche Leben motivierte ihn dazu, Lieder, Tänze, Trachten und Bräuche zu sammeln. Viele der aufgezeichneten Lieder publizierte er in Liederbüchern. So entstand auch das Steyerische Rasplwerk, eine kunstvoll gestaltete Liedersammlung, wie sie in dieser Form einmalig ist. Seine Frau Anna unterstützte ihn stets bei seinen Vorhaben. Nach seinem Tod führte sie seine Forschungen weiter und gründete in Aussee die Firma „Mautner Handdrucke“. Mit dieser Produktion von Trachtenstoffen auf Basis von gesammelten Vorlagen sicherte sie den Lebensunterhalt für ihre Familie. Trotz Übertritt der Familie zum protestantischen Glauben bewahrte das seine Hinterbliebenen nicht vor der Verfolgung durch den NS-Staat und die Familie floh. Ihr Eigentum wurde beschlagnahmt. Damit fanden viele volkskundliche Artefakte Eingang in öffentliche Sammlungen. Erst im 21. Jahrhundert konnten mit einigen Kulturinstitutionen wie dem Österreichischen Volksliedwerk und dem Volkskundemuseum Wien viele Besitzverhältnisse mit den Nachkommen geklärt werden. Im Volkskundemuseum am Paulustor wurden die mit dem Eingangsvermerk „Konrad Mautner“ versehenen Objekte einer neuerlichen Prüfung unterzogen. Bis zum Auftauchen neuen Quellenmaterials bleibt bei einigen die Erwerbungsgeschichte vorläufig unklar.
Erst vor wenigen Jahren sind Fotoalben mit über 3000 Fotografien, die private Einblicke in das Leben der Familie Mautner gewähren, aufgetaucht. Die Kuratorin Birgit Johler hat diese bereits anlässlich des 100. Todesjahres für das Volkskundemuseum in Graz und in Zusammenarbeit mit Stephen Mautner, dem Enkelsohn von Konrad Mautner, kuratiert. Viele der Fotografien wurden von Konrad Mautner selbst hergestellt und dokumentieren Personen und Orte, die für ihn sowie seine Familie wichtig waren. Entstanden ab den späten 1890er-Jahren, erzählen die Fotografien von Freund*innen, Nachbar*innen und Familienmitgliedern Konrad Mautners, allen voran aber von ihm selbst als Familienmensch, Unterhalter, Performer, Eventorganisator, Ethnograf und Netzwerker. Seine Leidenschaft für traditionelle Ausdrucksformen spiegelt sich in den Fotografien wider. Das Österreichische Volkliedwerk übernahm 2018 einen Teilnachlass aus Familienbesitz. Dieser beinhaltet ebenfalls Fotos, handschriftlichen Notizen, Typoskripte und Aufzeichnungen zu Volkstänzen und -liedern sowie Trachtenvorlagen und Liederbücher.
Die Ausstellung erzählt vom vielseitigen volkskundlichen Interesse Konrad Mautners und bildet die Geschichte einer Familie ab, die an Hand von Einzelschicksalen die Geschehnisse des frühen 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Zudem ist sie eine Erzählung vom idyllischen Landleben, dörflichen Festen in traditioneller Tracht sowie vom urbanen gesellschaftlichen Leben im Abendkleid und Anzug, wobei klare Grenzen mitunter verschwimmen.
