Die Mathematikerin Marie-Luise SCHLUCKEBIER, die unter dem jüdischen Mathematiker Otto Toeplitz in Bonn promoviert hatte, urteilte 1952 über sich: „I am no more the diligent specialist, ignorant of the ways of the world, but had my eyes and ears wide open“ und deutete damit ein Nachdenken über ethische Fragen an. Zu diesem Zeitpunkt wog sie ab, ob sie sich an der Luftfahrtforschung in den USA beteiligen solle. In den Jahren von 1938 bis 1945 hatte sie am Institut für Waffenforschung der 1936 gegründeten Reichsluftfahrtforschungsanstalt Hermann Göring in Braunschweig geforscht, neben ihr zahlreiche weitere Mathematiker; u.a. leitete der Österreicher Wolfgang Gröbner dort eine Arbeitsgruppe Industriemathematik.
Auf der Basis umfangreicher prosopographischer Forschungen untersucht die Vortragende Ursachen für die Tätigkeit mathematisch gebildeter Personen in der Luftfahrt-/Rüstungsforschung. Auf neuer Quellenbasis zeigt sie an Beispielen, welche Arbeiten ausgeführt wurden und ob eine entsprechende Tätigkeit nach 1945 Karriere fördernd oder hemmend war.
Frau Dr. habil., Renate Tobies ist zur Zeit Gastprofessorin am Institut für Didaktik der Mathematik der Johannes Kepler Universität Linz