DER HYPNOSE-HYPE VON 1880


Den letzten Vortrag im Sommersemester wird Daniela Finzi bestreiten; sie ist Germanistin, als wissenschaftliche Leiterin des Sigmund Freud Museums an der international berühmten Adresse Berggasse 19 tätig, und sie wird ein spannendes historisches Thema vortragen, das mit der Vorgeschichte der Parapsychologie ebenso zu tun hat wie mit der der Psychoanalyse.
Um 1880 bereiste der dänische „Magnetiseur“ Carl Hansen viele Länder Europas und gab Bühnendemonstrationen der Hypnose. In Freiburg i.Br. spielte dabei Georg von Langsdorff jun. eine Rolle (1848 revolutionärer Studentenführer, zunächst exiliert, später amnestiert, dann zu einem prominenten Spiritistenführer geworden und schließlich im Alter von fast einhundert Jahren gestorben), in Leipzig Karl Friedrich Zöllner (Begründer der Disziplin Astrophysik, bekannt ist sein Antagonismus zu Wilhelm Wundt), in München Carl du Prel und in Wien Lazar Baron Hellenbach (philosophischer Schriftsteller und vor dem Ausgleich Herrenhausmitglied im Reichsrat). Man kann – auch, was die „Medien“ betrifft – von einer „Achse“ Wien – München – Leipzig sprechen. Sowohl Zöllner wie auch Hellenbach haben über ihre Erfahrungen mit Hansen publiziert. Zahlreiche prominente Ärzte haben in Wien Hansens Vorführungen beigewohnt, so z.B. Heinrich Obersteiner und – last not least – Sigmund Freud. Hansens Auftritte fanden damals im Ringtheater statt, nach dessen Brand bekanntlich das „Sühnhaus“ errichtet worden ist, wo – merkwürdige Koinzidenz des Schicksals – Sigmund Freud einer der ersten Mieter (wenn auch nur kurzfristig) war. Jedenfalls stellt Hansen ein bedeutendes geistesgeschichtliches Zwischenglied auf dem Weg von Mesmers „Magnetismus“ zu Freuds Psychoanalyse dar.