Die Förderung von Frauen in der Wissenschaft ist und bleibt ein äußerst wichtiges Anliegen, und das Ungleichgewicht wurde uns insbesondere während der COVID-19-Pandemie vor Augen geführt. Die zusätzlichen familiären Verpflichtungen durch die Lockdowns wurden größtenteils von Frauen getragen. Dies führte zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Produktivität und Arbeit von Wissenschaftlerinnen (siehe z. B. Nature, März 2021; Andersen et al., eLife 9, 2020) und verstärkte somit die Ungleichheit.
Solange Ungleichheit besteht, ist es wichtig, beharrlich darauf hinzuweisen, um die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung zu erreichen. Aus diesem Grund schrieb der VWGÖ anlässlich des Internationalen Tags der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft am 11. Februar 2023 einen Ideenwettbewerb aus. Dieser Wettbewerb sollte dazu dienen, Vorschläge zu sammeln, wie wissenschaftliche Gesellschaften zur Verbesserung der Gleichstellung, Diversität und Inklusion beitragen können.
Der VWGÖ stellte für diese Initiative insgesamt €4.000,- zur Verfügung, um maximal drei Projekte auszuzeichnen. Von den eingereichten Vorschlägen wählte der Vorstand des VWGÖ nun drei Ideen für die Prämierung aus. Es wird erwartet, dass diese prämierten Ideen als Ausgangspunkt dienen, um sie sowohl in der eigenen Gesellschaft als auch in der breiteren wissenschaftlichen Gemeinschaft umzusetzen. Der VWGÖ wird, soweit möglich, bei der Umsetzung dieser Ideen unterstützen.
Der Vorstand des VWGÖ bedankt sich bei allen Einreichenden für ihre wertvollen Beiträge und gratuliert den Autorinnen der prämierten Ideen herzlich zu ihrer Auswahl.
1. Platz prämiert mit €2000,-
Titel der Idee: “Gender diversity vs. gender equality – persistent biases despite the increasingly female representation in immunological research”. Antragstellerinnen: Frau Dr. med. Simona Saluzzo, PhD, und Frau Univ.-Prof. Dr. med. Sylvia Knapp, PhD, Österreichische Gesellschaft für Allergologie und Immunologie.
Obwohl in den letzten Jahren der Frauenanteil in der immunologischen Forschung zunahm, wird der Fortschritt bei der Geschlechtergleichstellung immer noch untergraben. Mehrere Studien zeigen, dass selbst wenn der Anteil von Frauen in einem Bereich wächst, Geschlechtervorurteile und Ungleichheit weiterhin existieren, was verdeutlicht, dass Geschlechtervielfalt nicht automatisch Geschlechtergleichstellung bedeutet. Diese beiden Begriffe zu vermischen ist ein gefährlicher Irrtum. Studien zeigen, dass Personen, die glauben, dass Geschlechtervorurteile kein Problem mehr darstellen, ein erhöhtes Risiko haben, sie weiterhin aufrechtzuerhalten. Dieses Projekt will ein Expertenteam etablieren, das eine Online-Plattform für eine Umfrage entwickelt, um anhaltende Formen von geschlechtsspezifischer Ungerechtigkeit in den österreichischen und europäischen immunologischen Gesellschaften zu identifizieren. Die Ergebnisse werden genutzt, um mit Hilfe größerer Finanzierungsmittel Strategien zu entwickeln und gründlich zu testen, wie die Vorurteile verringert und die Karriereentwicklung von Frauen in den österreichischen und internationalen wissenschaftlichen Gesellschaften gefördert werden kann.
2. Platz prämiert mit €1200,-
Titel der Idee: „Frauenförderung mit Präsentationstechnik- Coaching für die junge Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin“. Antragstellerinnen: Frau Dr. med. Marianne Graninger und Frau Dr. med.
Heidrun Kerschner, Österreichische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP).
Das Ziel der Idee der jungen ÖGHMP ist, die Präsentationsfähigkeiten von Frauen zu stärken, um ihre Forschungsergebnisse besser vorstellen zu können, sich zu vernetzen und ihre Karrierechancen zu verbessern. Frauen der jungen ÖGHMP, deren Abstracts für Vorträge bei der nächsten Jahrestagung angenommen werden, erfahren ein Coaching zur Optimierung der Präsentationstechnik sowie ein Mentoring-Programm, bei dem erfahrene Mentor:innen den Teilnehmerinnen individuelle Unterstützung bieten. Die Evaluierung erfolgt durch anonymes Feedback mittels Fragebogen. Bei Erfolg soll die Initiative zu einer festen Einrichtung der ÖGHMP werden und das ÖGHMP Team ist dann gerne bereit, die gesammelte Erfahrung und die ausgearbeiteten Tools an andere Gesellschaften weiterzugeben.
3. Platz prämiert mit €800,-
Titel der Idee: ”Push*for*more: Navigating and defying gender bias in teaching, research & job market”. Antragstellerinnen: Frau Dr. Vera Beloshitzkaya, Frau Dr. Nadine Zwiener-Collins, Frau Dr. Lara Zwittlinger, Frau Dr. Lena Ramstetter, Frau Univ-Prof. Dr. Zoe Lefkofridi, Österreichische Gesellschaft für Politikwissenschaft.
Geschlechterstereotype bestimmen noch immer, wer was, wann und wie erforscht. Während Frauen 53,5 Prozent der Studierenden in Österreich ausmachen, kehrt sich das Geschlechterverhältnis in höheren Hierarchieebenen um: nur noch 26 Prozent der Professor:innen in Österreich sind weiblich. Diese Umkehrung des Geschlechterverhältnisses zeigt deutlich, dass gläserne Barrieren Frauen daran hindern, sich mit ihren Fähigkeiten in gleichem Maße einzubringen wie Männer. Eine entscheidende Rolle spielen dabei implizite und explizite Geschlechterstereotype, die Kompetenzeinschätzung und Leistungswahrnehmung verzerren. Der Workshop “Push*for*more: Navigating and Defying Gender Bias in Teaching, Research & Job Market” setzt hier an und unterstützt Nachwuchswissenschaftlerinnen, (a) (auch eigene) Vorurteile zu erkennen und kritisch zu hinterfragen; und (b) vermittelt evidenzbasierte Strategien, um Gender Biases wirksam entgegentreten zu können. In Kleingruppen werden Handlungsspielräume ausgelotet, Strategien erprobt und deren Übertragbarkeit auf Situationen im (Forschungs- und Lehr-)Alltag diskutiert. Konzipiert und durchgeführt wird der Workshop vom Team des Forschungsbereiches “Politik und Geschlecht, Diversität und Gleichheit” der Universität Salzburg.