William Harveys „Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus“.


Im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert ist der wissenschaftliche Diskurs besonders in den
naturwissenschaftlichen Disziplinen durch eine intensive Auseinandersetzung mit Aristoteles
geprägt. In den medizinischen Wissenschaften war die teils über Galen vermittelte aristotelische
Lehrmeinung noch weitgehend unangefochten. Auch William Harvey bezeichnete Aristoteles
als seinen Führer – dux – in der Erforschung medizinisch-physiologischer Zusammenhänge.
In jener Epoche traten aber auch Denker wie Francis Bacon auf, die unter Verzicht auf eine
Betrachtung der aristotelischen Finalursachen die Grundlagen der konkreten Einzeldinge den
Gesetzmäßigkeiten der Materie zuschreiben wollten.
William Harvey publizierte in diesem wissenschaftstheoretischen Umfeld sein de motu cordis im Jahre 1628, wobei er vordergründig versuchte, die aristotelischen Prinzipien weiter beizubehalten.
In diesem Vortrag soll entgegen der allgemeinen Auffassung aufgezeigt werden, dass Harvey
allerdings in den entscheidenden Partien des Werkes der neuen wissenschaftlichen Methodik
eines Francis Bacon verpflichtet und er versucht war, aristotelische Teleologie und die empiristische Methode Bacons zu verbinden.