Vortrag: “Hauptsache Gesund(heit)?!”


Die Bedeutung von Aspekten der Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt ist unumstritten. Es wird berichtet, dass neun von zehn Unternehmen regelmäßig in Maßnahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung investieren. Hochrechnungen postulieren, dass pro eingesetztem Euro für Maßnahmen der Gesundheitsförderung ein Return of Investment von etwa drei bis sieben Euro zu erwarten ist. Insofern sprechen Aspekte der Betrieblichen Gesundheitsförderung direkt auch ökonomische Interessen der Unternehmen an. Demgegenüber liefern Meta-Analysen zu Untersuchungen, die sich mit der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung befassen, eher ernüchternde Ergebnisse: Zwar zeigen Initiativen zur Verbesserung des emotionalen Befindens oder zur Optimierung der Stressreaktivität meist die gewünschten positiven Ergebnisse, doch in der Regel sind die Effektstärken dieser Interventionen gering und nicht nachhaltig. Dadurch wird die unter anderem die Verbindlichkeit von psychologischen Ansätzen der Betrieblichen Gesundheitsförderung hinsichtlich der Umsetzung in Betrieben geschmälert. Es gelingt kaum, solche Maßnahmen ähnlich verpflichtend zu machen, wie beispielsweise arbeitsmedizinische Maßnahmen im Sinne des Arbeitsschutzes. Gleichwohl existieren sowohl in Österreich (sog. „ArbeitnehmerInnen-Schutzgesetz“) als auch allgemein in der Europäischen Union (Luxemburger Deklaration) gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Umsetzung von Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung nahe legen. Die dort geforderten Qualitätskriterien für Maßnahmen der Gesundheitsförderung im Sinne des evidenz-basierten Wirksamkeitsnachweises werden von psychologischen Untersuchungen – insbesondere im deutschsprachigen Raum – eher selten erfüllt. Dies liegt einerseits an einem quantitativen Mangel empirischer Untersuchungen. Andererseits sind auch qualitative Probleme angesprochen, die sich in der Heterogenität der theoretischen Ansätze sowie des uneinheitlichen methodischen Vorgehens in psychologischen Untersuchungen niederschlagen. In dem Vortrag wird versucht, unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen einige Empfehlungen für Vorgehensweisen in der Praxis abzuleiten. Es wird ein Überblick über die Grundlagen evidenzbasierter Methodik gegeben. Psychologische Ansätze der Betrieblichen Gesundheitsförderung werden in dieses Forschungsparadigma integriert. Hinsichtlich von anstehenden Forschungsaufgaben wird die Bedeutung von differenziellen Ansätzen in der Umsetzung von Maßnahmen der Betrieblichen hervorgehoben sowie auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass grundlegende Paradigmen der Stress- und Erholungsforschung in diesem Kontext ebenso bedeutsam sind wie die Integration der Befunde in einen biopsychosozialen Mehr-Ebenen-Ansatz.