Mi, 26.09.2018, 19.00 Uhr
Mit dem groß angelegten Ausstellungs- und Buch-Projekt „Küche der Erinnerung – Essen & Exil“ feiert die ÖSTERREICHISCHE EXILBIBLIOTHEK im Literaturhaus Wien ihr 25-jähriges Bestehen.
Begrüßung: Robert Huez (Literaturhaus Wien), Raoul Kneucker (Gesellschaft der Freunde der ÖSTERREICHISCHEN EXILBIBLIOTHEK)
Grußworte: Markus Reiter (Bezirksvorsteher Wien Neubau), Arne Forke (Vertreter der Stadt Wien)
Die Kuratorinnen Veronika Zwerger (Leiterin der ÖSTERREICHISCHEN EXILBIBLIOTHEK) und Ursula Seeber sprechen zur Ausstellung und präsentieren die gleichnamige bei new academic press erscheinende Publikation.
Die Autorin und diesjährige Theodor-Kramer-Preisträgerin Lore Segal – 1928 in Wien geboren, 1938 mit einem Kindertransport nach Großbritannien geflohen und seit 1951 in New York lebend – liest einen Text über die Küche ihrer Großmutter und spricht mit ihrer Tochter Beatrice Segal über das Weiterleben österreichischer Kochtraditionenihrer New Yorker Familie.
Moderation: Thomas Ballhausen (Lesung & Gespräch in englischer Sprache)
25 Jahre ÖSTERREICHISCHE EXILBIBLIOTHEK
Die 1993 gegründete ÖSTERREICHISCHE EXILBIBLIOTHEK dokumentiert Leben und Arbeit österreichischer Schriftsteller/innen und anderer Künstler/innen in Exil und Emigration seit 1933/38. Sie ist die größte und bedeutendste Spezialbibliothek zu diesem Thema in Österreich. Der Schwerpunkt der Sammlung – ca. 9.000 Bücher, rund 2.000 Zeitschriften, Konvolute zu ca. 2.500 Personen und Nachlässe / Handschriften zu etwa 150 Personen – liegt auf Literatur, Theater, Publizistik, Musik, bildender Kunst und Kulturwissenschaft. Darüber hinaus werden auch Aspekte des Alltagsexils dokumentiert.
Im Ausstellungs- und Buch-Projekt Küche der Erinnerung – Essen & Exil geht es nicht um Gastrosophie und Kulinarik. Vielmehr steht die private, gesellschaftliche und symbolische Essenz des Essens im historischen Kontext von 1938–1945 im Zentrum. Die „Küche der Erinnerung“ ist eine politische, bereitet von Menschen, die gewaltsam aus der Mitte ihres Lebens gerissen, existenziell bedroht und in die Emigration getrieben wurden.
In vielen literarischen Texten des Exils werden Kochen und Essen als identitätsstiftende und stabilisierende Momente gestaltet. Sie symbolisieren die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe – politisch, religiös, sozial, geografisch, familiär. Speisen und ihre Zubereitung können Emotionen und (kollektive) Erinnerungen an eine Vergangenheit vor der Vertreibung wachrufen. Nahrungsaufnahme gleicht einem „Einverleiben“ der verlorenen Heimat, Speisen werden zu „Gedächtnisspeichern“. Und im Gegenzug: Das Annehmen von kulinarischen Traditionen des Zufluchtslandes kann ein Beitrag zur Akkulturation sein.
Die Ausstellung versammelt rund 150 Objekte – Handschriften, Lebensdokumente, Fotos, Originalausgaben, Exilzeitschriften, Rezeptsammlungen u.v.m. – aus der einzigartigen Sammlung der ÖSTERREICHISCHEN EXILBIBLIOTHEK. Schwerpunktthemen sind: Konsumkulturen vor 1938; Essen und Mangel auf der Flucht, in Lagern und im Widerstand; Lokale und Vereinsheime im Exil; Flüchtlinge als Kochbuchautor/inn/en und Köchinnen; Kochbücher und Rezeptsammlungen des Exils; Essen als Motiv in Literatur, Kunst und Film des Exils.
Das Buch enthält 32 teils unpublizierte literarische Texte von u. a. Jimmy Berg, Alice Herdan-Zuckmayer, Joseph Roth, Egon Schwarz, Lore Segal, Fred Wander oder Hermynia Zur Mühlen. Beiträge namhafter Wissenschaftler/innen widmen sich den unterschiedlichsten Aspekten des Themas Essen und Exil.
„Küche der Erinnerung. Essen & Exil“. Hg. v. Veronika Zwerger und Ursula Seeber. Wien: new academic press, 2018. 344 S., mit ca. 200 Abbildungen, brosch, ISBN 978-3-7003-2081-4, 32,00 EUR