Jour fixe Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse: Victim goes superstar – kulturtheoretische und psychoanalytische Fragen an den Opferdiskurs.


Seit den letzten beiden Jahrzehnten gibt es eine erhöhte Bereitschaft, sich öffentlich als inferiores Subjekt zu positionieren und sich durch die Klage des Opfers Gehör zu verschaffen. Dies sei das positive Zeichen einer liberal-demokratischen Politik, ein weiterer Schritt in Richtung einer ge-rechteren Welt, die den Schwachen endlich Gehör schenkt.
Dieser populären Auffassung wird an diesem Abend misstraut, vielmehr wollen wir uns auf die Suche nach den „Opfern des Opfers“ begeben. Welche gesellschaftlichen, aber auch subjektiven Folgekosten sind hinsichtlich einer solchen Kultur der Klage in Rechnung zu stellen, was bedeutet es, wenn das Recht der Kinder umschlägt in das Recht aller, wie Kinder zu sein? Welche Fragen ergeben sich für die Psychoanalyse, wenn die narzisstische Position des Opfers eine Politik legitimiert, die mit der Angst, als vorherrschendem Grundaffekt der Gegenwart, ihr politisches Kleingeld verdient?

Christian Kohner-Kahler: Mag., Philosoph, Psychoanalyti-ker i.A. (APLG), Gruppendynamiker (ÖAGG); Bewäh-rungshelfer mit Straffälligen und Supervisor in eigener Praxis.