Mit großer Freude möchten wir Sie nächste Woche zur Filmreihe UNGENIERTE UNTERHALTUNG. MIT FRIEDA GRAFE IM GRANDHOTEL im Österreichischen Filmmuseum einladen, zu deren Eröffnung die neu erschienene gleichnamige SYNEMA-Publikation präsentiert wird:
DAS BUCH
“Ungenierte Unterhaltung:
Mit Frieda Grafe im Grandhotel”
Herausgegeben von Karola Gramann, Ute Holl und Heide Schlüpmann
Mit Beiträgen von Verena Lueken, Annett Busch, Elisabeth Bronfen, Rike Felka, Ute Holl, Friederike Horstmann, sissi tax, Eva Meyer, Volker Pantenburg, Eric de Kuyper, Heide Schlüpmann, Karola Gramann, Katja Wiederspahn und dem großen Essay sowie dem filmhistorischen Hotelführer von Frieda Grafe „Die saubere Architektur in Gefahr. Die Grandhotels in der Unterhaltungsindustrie“.
Eine Sammlung von Texten für, von und mit Frieda Grafe (1934–2002), der außerordentlichen Filmkritikerin, Essayistin und Übersetzerin, dazu ihr Text „Die saubere Architektur in Gefahr“, geschrieben 1990. Daraus geht der Eindruck vom Grandhotel-Film als einem eigenen und einzigartigen Genre hervor, in dem sich das Kino selbst spiegelt. Dieses „Genre“ hatte seine Glanzzeit in Hollywood und in Europa in den 1930er- bis 1940er-Jahren, aber auch Vorläufer im Stummfilm und Nachfolger etwa in der Nouvelle Vague.
Die Perspektiven, die die Autorinnen und Autoren dieses Buches dem Text Grafes entnehmen, reflektieren, variieren und weiterführen, rücken sowohl die Kritikerin Frieda Grafe und ihr Schreiben selbst in den Blick als auch den einen oder anderen Grandhotel-Film, oder sie drehen und wenden einzelne Motive. Geschichtliche Räume – der Filme und des Schreibens über sie – und der Raum der Küche, aus dem heraus eine Frau wie Grafe schrieb, werden gegenwärtig. Am Ende entstand ein Mosaik im Vertrauen auf eine im Leben sich immer wieder erneuernde Filmgeschichte.
SYNEMA Publikationen (Wien) 2022,
Broschur, 88 Seiten, 10 Fotos,
ISBN 978-3-901644-90-0. Preis: € 16.-
Im stationären Buchhandel oder gerne direkt zu bestellen unter: office [at] synema.at
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DIE FILMREIHE
Ungenierte Unterhaltung. Mit Frieda Grafe im Grandhotel
12. bis 14. Mai 2022,
Österreichisches Filmmuseum,
Augustinerstraße 1, 1010 Wien
In Zusammenarbeit mit Kinothek Asta Nielsen e.V. und dem Festival Remake. Frankfurter Frauen Film Tage
Frieda Grafe entdeckte in ihrem Essay „Die saubere Architektur in Gefahr. Die Grandhotels in der Unterhaltungsindustrie“, was das Kino dem Grandhotel verdankt: Kulissen, Komik, unverhoffte Begegnungen, ungenierte Unterhaltungen und, nicht zuletzt, die Filmfestivals, eine Erfindung der Bäderindustrie. Das Grandhotel ist für Grafe, wie das Kino, ein Raum der Verwandlung. Kein Ort der Identifikation, sondern Versprechen auf gestundete Identität, Vermischung und Durchlässigkeit: soziale, moralische, finanzielle. In ihrem Grandhotel-Text zeigt sie, wie „Film- und Sozialgeschichte einander reflektierend erhellen“ – durch Lobbys, Flure, Zimmer mit und ohne Blick, in Aufzüge und Abgründe von filmischen Grandhotels. Wir haben uns für die Filmauswahl des Programms also von Frieda Grafes „Filmhistorischem Hotelführer“ leiten lassen. (Karola Gramann, Heide Schlüpmann)
Zur Eröffnung der Reihe wird die Neuerscheinung UNGENIERTE UNTERHALTUNG. MIT FRIEDA GRAFE IM GRANDHOTEL des Verlags SYNEMA-Publikationen präsentiert, herausgegeben von Karola Gramann, Ute Holl und Heide Schlüpmann, die neben eleganten Beiträgen namhafter Filmkritiker*innen und Kinoforscher*innen auch den gesamten Essay „Die saubere Architektur in Gefahr. Die Grandhotels in der Unterhaltungsindustrie. Mit: Filmhistorischer Hotelführer“ von Frieda Grafe enthält. Alle folgenden Zitate zu den einzelnen Filmen stammen aus diesem lesenswerten Text.
Do, 12.05.2022, 18:00 Uhr
FOOLISH WIVES — USA 1922 | Erich von Stroheim
„Als Erich von Stroheim 1921 FOOLISH WIVES drehte, für den er das Spielkasino von Monte Carlo mit dem angrenzenden Hôtel de Paris detailgetreu im Studio nachbaute, und der Film, statt einer halben, mehr als eine Million Dollar kostete, stach die Publicity die Verschwendungssucht des Regisseurs noch aus, indem sie monatelang am New Yorker Times Square in leuchtender Laufschrift die kletternden Ausgaben veröffentlichte.“ (Frieda Grafe)
Am Klavier: Elaine Loebenstein,
Buchpräsentation und Einführung von Karola Gramann und Heide Schlüpmann
Do, 12.05.2022, 20:30 Uhr
AVANTI! — USA, IT 1972 | Billy Wilder
„Billy Wilder lernte bei Lubitsch als Drehbuchautor. Sein LOVE IN THE AFTERNOON spielt im Pariser Ritz, das Alexandre Trauner in den Studios von Boulogne exakt replizierte; die Lubitsch-Aura des Films wird noch unterstrichen durch Schauspieler wie Gary Cooper und Maurice Chevalier. Für Außenaufnahmen von SOME LIKE IT HOT fuhr wilder zum Hotel del Coronado in der Nähe von San Diego, das als das erste voll elektrifizierte Haus in die Hotelgeschichte eingegangen ist. AVANTI! drehte Wilder an der Küste von Amalfi; Jack Lemmon als gestresster Industrieller aus Baltimore wundert sich über den guten Geschmack seines Vaters, als er des Hotels ansichtig wird, in dem der alte Herr Jahre hindurch eine Ferienliaison mit einer Maniküre aus dem Londoner Savoy unterhielt: „wie das Hilton sieht es allerdings nicht aus“. (Frieda Grafe)
Einführung: sissi tax
Fr, 13.05.2022 18:00
DIE TAUSEND AUGEN DES DR. MABUSE — BRD, IT, FR 1960 | Fritz Lang
„Der Name Luxor für das Hotel im Film macht schon den ganzen Unterschied. Die Grandhotels der deutschen Filme nach 45 haben nicht mehr Vorkriegsniveau, aber in Fritz Langs Dramaturgie immer noch deren Funktion. Das Luxor von 1960 entspricht dem Olympic in SPIONE von 1928. Aus den Detektivgeschichten sind Thriller geworden. Das Luxor ist die Operationszentrale des Verbrechens. Verfolger und Verfolgte wohnen in einem Haus. Die Frauen, als Köder eingesetzt, erweisen sich als unberechenbar und pervertieren das System. Lang rechtfertigte den Film einem Freund gegenüber, der die dämonische Aura seiner Vorkriegsfilme vermisste: das ist die kalte Realität von heute. […] Eine Zeitungsnotiz gibt Lang als Inspirationsquelle für den Film an. Von Albert Speer geplant, sollten an der Nord-Süd-Achse von Berlin/Germania repräsentative Staatshotels entstehen, ausgestattet mit perfekten Abhöranlagen. Die Bespitzelungsapparatur ist im Film in Richtung Television weiterentwickelt. Seine durchsichtigen Spiegelwände sind erinnerungsträchtig. Wie in Cocteaus Filmen haben sie mit der Natur des Kinos zu tun. Sie implizieren den Zuschauer als Voyeur.“ (Frieda Grafe)
Einführung: Karola Gramann, Heide Schlüpmann
Fr, 13.05.2022 20:30
DÉTECTIVE — FR 1985 | Jean-Luc Godard
„Das Concorde-Saint-Lazare ist für Godard, zum Genre passend, ein natürliches Studio – wie das Ritz und das Crillon als Hotels natürliche Paläste und das Lutétia für die Nazis eine natürliche Telefonzentrale. In den anderen Zeiten, die auch dieses Hotel gekannt haben, stiegen hier die Gäste aus Übersee ab, denn der Gare Saint-Lazare ist der Bahnhof für die Züge aus und nach Le Havre. Die Kategorie Vergnügungsreisende gibt es längst nicht mehr. Die Touristen, die an ihre Stelle getreten sind, sieht man in Godards Film verkörpert in einem alten amerikanischen Ehepaar, das durch die pompöse, im alten Glanz erhaltene Halle humpelt. Die Zimmer hinter den Türen an den schlauchlangen Fluren sind nach modernsten Maßgaben ökonomisch zugeschnitten und eingerichtet. […] Die melancholische Beleuchtung, in die Godards Film getaucht ist, partizipiert am ehemaligen Glanz eines ehemals großen Hauses. Die Geschichte dieses Bautyps ist zu Ende wie die eines bestimmten Kinos. Durchsichtig ist die Wahrheit, sagt ein weises kleines Mädchen, momentan, zwischen Auftauchen und Verschwinden.“ (Frieda Grafe)
Einführung: Karola Gramann, Heide Schlüpmann
Sa, 14.05.2022 18:00
Vorfilm: DOUBLE WHOOPIE — USA 1929 | Lewis Foster
„Laurel und Hardy auf Jobsuche – 1929, es ist Wirtschaftskrise. Man kann sich die amüsantere Unterstellung aussuchen: dass ein Grandhotel-Manager von Park Avenue so schlecht geschult ist, Laurel und Hardy für einen europäischen Prinzen und seinen Adjutanten zu halten – oder dass es amerikanischen Vorstellungen entspricht, Vertreter der besten europäischen Gesellschaft kämen daher wie Laurel und Hardy. Gleichzeitig nimmt der Film zwei Kinofiguren aufs Korn, die eine von Stroheim erfunden, die andere von Murnau. […] Die Anspielung auf Stroheims Kino ist deshalb so perfekt, weil der Darsteller des Prinzen ein Stroheim-Double war.“ (Frieda Grafe)
Hauptfilm: EASY LIVING — USA 1937 | Mitchell Leisen
„Die Geschichte von EASY LIVING bediente sich der realen des Waldorf Towers, das, während der Wirtschaftskrise erbaut, eine Finanzkatastrophe wurde. wie kann, lässt Sturges den Hotelbesitzer im Film sagen, ein so phänomenales Ding ein solcher Reinfall sein. In Untersicht sieht man seine immensen wabenhaften, in den Himmel sich verjüngenden Fassaden. Der Film beginnt mit einer Abwärtsbewegung innen. Der Großfinanzmann J.B. Ball, der Bull of Broad Street, fällt die elegante Treppe seines Stadthauses herunter. Kurz darauf folgt eine Kamerabewegung außen einem Nerzmantel, den er, in Rage, vom Dach des Hauses hinunterwirft. Darauf reist seine Frau nach Florida ab – ins Miami Biltmore oder ins Don Cesar wahrscheinlich. Er zieht der Einfachheit halber – auch für die filmische Dramaturgie – in das leerstehende Waldorf Louis und macht so unbeabsichtigt dafür Reklame. Es gibt den offensichtlich unberechenbaren Auf- und Abwärtsbewegungen der Börse und der Gefühle den adäquaten Rahmen.“ (Frieda Grafe)
Einführung: Karola Gramann, Heide Schlüpmann
Ticketbestellungen:
https://www.filmmuseum.at/jart/prj3/filmmuseum/main.jart?rel=de&content-id=1216720898687&schienen_id=1648432226954
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SYNEMA – Gesellschaft für Film und Medien ist eine – von der Sektion IV: Kunst und Kultur / Abt. 3: Film des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport – geförderte Institution.
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