Er verkörperte den berühmtesten Kindermörder der Filmgeschichte, brillierte für Bertolt Brecht auf der Bühne und wurde in Hollywood zu einer Ikone des Bösen: der Schauspieler Peter Lorre.
Geboren 1904 als László Löwenstein in der heutigen Slowakei, gestorben in Hollywood 1964. Zum Theater zog es ihn bereits Mitte der 1920er Jahre in Wien, eine von der Familie angestrebte Bankbeamtenlaufbahn brach er dafür ab. Seine größten Erfolge erlebte Lorre aber in Berlin. Auf den Bühnen des Großen Schauspielhauses, der Volksbühne und des Theaters am Schiffbauerdamm wurde er gefeiert, nicht nur bei Inszenierungen von Brecht, der ihn als einen beispielhaften Schauspieler seines epischen Theaters schätzte. Nach zwei kleinen Auftritten in österreichischen Stummfilmen schuf Lorre mit seiner ersten Tonfilmrolle als Kindermörder in Fritz Langs M (1931) die Blaupause für seine gesamte Kino-Karriere, eine Darstellung „so unsterblich, dass er selbst ihrem Schatten nie wieder entkommen konnte“ (Christoph Huber). Fortan war Lorre auf die Rolle des Bösen festgelegt, vor allem in Hollywood, wohin ihn sein Exil nach der Flucht vor den Nationalsozialisten führte.
Die von Frederik Lang kuratierte und vom Hauptgstadtkulturfonds geförderte Retrospektive des Zeughauskino wirft auch einen Blick hinter die „Maske des Bösen“. Sie führt die Vielgestalt vor Augen, die Lorres Schauspielkunst jenseits seiner Rollen als Mörder, Spitzel, Gauner, Nazi, Gangster oder verrückter Wissenschaftler eigen ist. Bereits im Weimarer Kino gibt es in Komödien warme und feinhumorige Darbietungen zu entdecken, später folgen beeindruckende Leistungen der Darstellungs- und Improvisationskunst. Mitte der 1940er Jahre weist Lorres Œuvre eine besondere Dichte und Vielfalt auf – doch wenig später ist der Schauspieler immer weniger gefragt, Lorre wird von den Studios ausgemustert. Pleite und von Hollywood frustriert, versucht er 1950 einen Neuanfang in der Nachkriegsbundesrepublik. Es entsteht die meisterhafte und solitär gebliebene Regiearbeit Der Verlorene (1951), deren bitteres Scheitern an den Zeitumständen tiefe Spuren bei Lorre hinterlässt und ihn zurück nach Hollywood führt. Im Spätwerk dominiert schließlich ein mal gebrochener, mal selbstironischer Darsteller, der nur noch selten bereit ist, den Umfang seines Repertoires preiszugeben.
Im Laufe seiner Karriere hat Lorre in mehr als 80 Kinofilmen mitgespielt, von denen das Zeughauskino – ausschließlich als analoge 35mm-Filmkopien – knapp die Hälfte zeigt. Meist ist Lorre in diesen Filmen in Nebenrollen zu sehen, was er süffisant kommentiert hat: „Ich will lieber ein kleiner Schauspieler bleiben, der kleine Rollen gut spielt, als ein großer Schauspieler, der große Rollen klein spielt.“
Detailliertes Programm und Spielplan unter:
https://www.dhm.de/zeughauskino/filmreihen/das-gesicht-hinter-der-maske.html
2 Lektüretipps in eigener Sache:
Das Gesicht hinter der Maske. Hommage an den Schauspieler Peter Lorre
Frederik Lang, Brigitte Mayr, Michael Omasta (Red.)
Mit Beiträgen von Christoph Fuchs, Stefanie Mathilde Frank, Gerd Gemünden, Felix Hofmann, Frederik Lang, Brigitte Mayr, Peter Nau, Michael Omasta, Volker Pantenburg, Elisabeth Streit, einem Gespräch mit der Schauspielerin Gisela Trowe, einem Fundstück aus dem Nachlass von Harun Farocki, einer kommentierte Filmografie und der Chronik des Lebens von László Löwenstein, genannt Peter Lorre (1904–1964).
SYNEMA-Publikationen (Wien) 2018
Broschur, 96 Seiten, 40 Fotos
ISBN 978-3-901644-77-1, Preis: € 14.-
Peter Lorre. Schauspieler in Wien, Berlin und Hollywood
Brigitte Mayr und Michael Omasta (Red.)
Mit Beiträgen von Curt Siodmak, Romuald Karmakar, Peter Nau, Pem, Lutz Koepnick, Michael Omasta und Brigitte Mayr sowie einer biografischen Notiz
SYNEMA-Publikationen (Wien) 2014
40 Seiten, zahlr. Fotos
ISBN 978-3-901644-60-3, Preis: € 7.-
Wir freuen uns über Ihr Interesse und nehmen gerne Ihre Bestellungen entgegen unter: office[at]synema.at