Buchpräsentation


Der 1849 in Budapest geborene und zu seiner Zeit sehr bekannte Schriftsteller und Journalist Max Simon Nordau prägte den Begriff des “Luftmenschen”. Als Luftmenschen wurden von ihm jüdische Menschen bezeichnet, die – mit unterschiedlichen Talenten ausgestattet – ohne eine wirkliche geografische und intellektuelle Heimat zu finden von den Stürmen ihres Schicksals von einer Örtlichkeit zur anderen getrieben wurden. Dieses Phänomen einer latenten “Wurzellosigkeit” scheint der Autorin der einzige gemeinsame Nenner zu sein, den sie bei ihrer “Spurensuche” nach einer jüdischen Frauenidentität finden konnte.
Charlotte Kohn interviewte jüdische Frauen, die vor und nach dem Holocaust geboren wurden, wobei sie auf deren unterschiedliche Identifizierungen und Lebenseinstellungen achtete. Achtzehn dieser Interviews zeigt sie uns nun als spannungsgeladene Lebensbeschreibungen. Das Leben sämtlicher Frauen, die sich ihr für ein Interview zur Verfügung stellten, hat eine gemeinsame Prägung durch die Shoa. Selbst Frauen, die rechtzeitig fliehen konnten oder erst nach 1945 geboren wurden, sind durch diesen Zivilisationsbruch traumatisiert. Die Folgeerscheinungen einer solchen extremen Ausgrenzung, der völlige Verlust jedes Menschenrechtes bis hin zur Vernichtung, sind bis heute katastrophal.
“Alle meine Interviewpartnerinnen” – so Charlotte Kohn – “sind extreme Individualistinnen, hinter jeder stehen leidvolle Erfahrungen und Enttäuschungen. Manchen jüdischen Frauen ist es gelungen – ohne große Lebenslügen – ihren Platz in der Welt zu finden. Viele von ihnen sind “Luftfrauen” geworden, sie befinden sich noch auf der Suche nach einer geistigen und geographischen Heimat.”
Nach einleitenden Worten von Dr. Ilse Korotin, der Herausgeberin der Reihe “biografiA. Neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung” (Praesens Verlag Wien), in deren Rahmen als Band 2 das Buch von Charlotte Kohn erschienen ist, stellt die Autorin ihre Arbeit vor und lädt zu einer anschließenden Disussion ein.