Johann Melchior Volkmairs wissenschaftliches Messbesteck ist ein seit Jahrhunderten wenig beachtetes Objekt der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums, das aufgrund seiner nur als durchschnittlich bewerteten künstlerischen Qualität kaum eine besondere Aufmerksamkeit erregte. Volkmairs Werk ist aber mehr als nur eine Ansammlung von Messinstrumenten, die in einem Verwahrungskästchen untergebracht sind. Dies erschließt sich durch den besonderen Um-stand, dass neben den erhaltenen Instrumenten auch eine handschriftliche Gebrauchsanweisung des Künstlers existiert, die einen einzigartigen Blick in die Welt der Wissenschaft des 17. Jahrhunderts ermöglicht. Das nur etwa 60 Zentimeter hohe Kästchen beherbergt Geräte, die den Bereichen Astronomie, Geometrie, Mathematik, Kartografie, Landvermessung, Kriegstechnik und auch einigen Aspekten des Bauingenieurwesens zugeordnet werden können. Sämtliche Funktionen können mithilfe Volkmairs Beschreibung entschlüsselt und im Hinblick auf Korrekt-heit und Praxistauglichkeit beurteilt werden. Dabei stellt sich heraus, dass zwar alle Instrumente voll funktionstüchtig sind, jedoch ihre Tauglichkeit in der praktischen Verwendung oft nur in einem sehr geringen Maß gegeben ist. Durch die Analyse der von Volkmair in seiner Gebrauchs-anweisung geschilderten Messmethodik ergibt sich das Bild, dass nicht das Messergebnis, sondern die Demonstration des Messvorganges selbst das bestimmende Element in der Gestaltung der Instrumente bildet. So spielt auch die effiziente und genaue Anordnung der Skalen nur eine untergeordnete Rolle in Volkmairs Werk. Der Anspruch der Messgenauigkeit wird der Dar-stellung und Demonstration geometrischer Formen und Prinzipien untergeordnet. Somit stellt das Werk Volkmairs nicht nur ein aus wertvollen Materialien gefertigtes kunstvolles Objekt dar, das die Messkunst in einem würdigen Rahmen darstellt, das Kästchen ist ein Mikrokosmos, der die Wissenschaft selbst repräsentiert.
Alles im Kästchen
13.03.2014 18:00 - 19:00
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