Vortrag: “Musik im Kopf: Neuronale Grundlagen der Tonhöhenwahrnehmung und das zerebrale Symphonieorchester”


Jüngste Studien haben gezeigt, dass sich sowohl musikalische Veranlagung, Hörfähigkeit, als auch die Art der Klangwahrnehmung in der individuellen Morphologie, Gyrierung und der neurophysiologischen Reorganisation des Hörkortex widerspiegeln. Ob eher die verschiedenen Facetten der Obertöne oder die Grundtöne und Rhythmen wahrgenommen werden, lässt sich an der Struktur, Vernetzung und Lateralisierung des rechten und linken Hörkortex genauso erkennen wie Neigungen zu bestimmten Musikinstrumenten. Bei ProfimusikerInnen sind die sogenannten „Heschl’schen Querwindungen“ im Zentrum des Hörkortex, die für die Klang- und Musikverarbeitung zuständig sind, überdurchschnittlich groß und oft doppelt oder sogar dreifach angelegt.
In diesem Vortrag werden unsere aktuellen Forschungsergebnisse über die neurologischen Grundlagen der musikalischen Begabung, der individuellen Klangwahrnehmung, der Hörfähigkeit sowie der Präferenz von Musikinstrumenten zusammengefasst. Interessanterweise zeigen die SpielerInnen von höherklingenden Musikinstrumenten (z.B. Geige, Querflöte, Piccolo, Trompete) eine stärkere Grundtonwahrnehmung als im Vergleich zu den SpielerInnen von tieferen bassbetonten Instrumenten (Fagott, Kontrabass, Orgel).
Methodische Neuentwicklungen spezieller psychoakustischer Testverfahren und deren Zusammenhänge mit neuroanatomischen sowie neurophysiologischen Auswertemethoden werden dargestellt. Die Struktur und die Funktion kortikaler Subareale des Hörkortex werden im Zusammenhang mit der individuellen Hörweise und Klangwahrnehmung diskutiert. Außerdem werden die neurologischen Grundlagen spezieller Hörfähigkeiten (graduelle Ausprägung des absoluten Gehörs und Klangfarbenwahrnehmung) vorgestellt sowie z.T. klinisch relevante Aspekte der Klangverarbeitung (Unterschiedsschwellen, Hörverlust, Tinnitus) und deren musikpädagogische, musikpsychologische und neurowissenschaftliche Bedeutung umrissen.